Musiktraining für Babys:
Positive Entwicklungseffekte nachgewiesen
Babys lieben Musik: Schon ab einem Alter von wenigen Monaten sind sie in der Lage, Rhythmen und Tonfolgen wiederzuerkennen, störende oder „falsch” klingende Töne zu identifizieren und im Rhythmus der Musik mitzuschwingen. Das Singen und Musizieren anderer weckt ihr Interesse und bereitet ihnen gewöhnlich große Freude. Ganz am Anfang wird das Musikerleben allerdings noch als verwirrend empfunden. Kein Wunder: die Allerkleinsten müssen erst lernen, die unterschiedlichsten Sinneseindrücke, die die Welt außerhalb des Mutterleibs bietet, zu verarbeiten. Farben, Geräusche, Gerüche und Empfindungen wollen erst zugeordnet und in die eigene Wahrnehmung der Außenwelt integriert werden.
Dabei sind Eltern und andere nahe Bezugspersonen eine wertvolle Unterstützung. Das Experimentieren mit Klängen und das gemeinsame Singen macht nicht nur Spass, sondern hat viele weitere positive Wirkungen – so unterstützt es den Spracherwerb und das logische Verständnis, beruhigt, baut Ängste oder Aggressionen ab und fördert ganz allgemein das Wohlbefinden des Babys.
Was löst bewusstes Musikhören und Musizieren bei Säuglingen und Kleinkindern aber genau aus? Den einzelnen positiven Effekten musikalischer Früherziehung auf Babys und Kleinkinder sind wir im folgenden Beitrag näher auf den Grund gegangen.
Musik machen mit dem Baby:
Gut für Bindung und Kommunikationsvermögen
Schon ab dem fünften Schwangerschaftsmonat sind Babys in der Lage, akustische Signale aus der Umgebung wahrzunehmen: Bei lauten Geräuschen zucken sie zusammen, sanfte musikalische Eindrücke sorgen dagegen für Beruhigung und Entspannung. Auch die Stimme der Mutter ist dem Neugeborenen bereits vertraut und sorgt für positive Emotionen. Bindung und Kommunikationsvermögen entstehen somit nicht nur durch Berührungen und Nähe zwischen dem Neugeborenen und seinen Eltern, sondern auch durch den Einsatz der Stimme als vertrautes Kommunikationsmittel.
Es ist deshalb sinnvoll, schon mit den Kleinsten regelmäßig zu sprechen und ihnen vorzusingen. Dabei kommt es nicht auf musikalische Perfektion an: Wichtig ist, dass die Kinder mit vertrauten Rhythmen und Klangfolgen konfrontiert werden und sich selbst in das musikalische Geschehen einbringen können – etwa durch Klatschen, Wippen, Summen oder Mitsingen.
Wie viel Musik sogar zur Reduktion von Stress und Schmerzen beitragen kann, zeigt sich zum Beispiel in einer Studie, die die Reaktionen von Säuglingen in einer für sie besonders belastenden Situation untersucht hat: Die Gesundheitswissenschaftlerinnen Funda K. Özdemir und Fatma G. Tüfekci fanden heraus, dass Impfungen für Babys mit weniger Schmerzreaktionen verbunden sind, wenn während der Injektion ein Musik-Mobile eingesetzt wurde. Die Ergebnisse dieser musikalischen Intervention waren ebenso gut wie bei Ablenkung durch die Eltern. *1)
Auch für Frühgeborene zeigte sich, dass Musik positiven Einfluss auf ihre Entwicklung und die Bindung zu ihren Eltern hat: Die Verweildauer auf der Geburtsstation reduzierte sich, Nahrungsaufnahme und Stillen verbesserten sich und das Stresslevel von Eltern und Kindern sank, wenn Musik als therapeutisches Mittel auf der Frühgeborenenstation eingesetzt wurde.*2)
Durch Musik in Interaktion treten:
Musizieren fördert das Sozialverhalten
Es zeigt sich also: Der frühzeitige Einsatz von Musik fördert das Bindungsverhalten und die Kommunikationsfähigkeit der Allerkleinsten. Was bedeutet dies aber in Bezug auf ihre Fähigkeit, Kontakte mit anderen Kindern zu schließen? Eine gelungene Kommunikation ist auch Voraussetzung dafür, mit anderen in Kontakt zu treten, ihre Gefühle zu erkennen, zu bewerten und entsprechend zu reagieren. Neben der Mimik spielen Laute dabei eine entscheidende Rolle: Sie zu identifizieren und zu interpretieren ermöglicht, Emotionen zuzuordnen und Empathie zu entwickeln.
Beides ist für die Ausbildung einer guten Sozialkompetenz essenziell: Wut und Ärger, Freude und Euphorie, Traurigkeit oder Müdigkeit – all diese Gefühle verändern unseren Gesichtsausdruck und unsere Stimme und lassen andere dadurch erkennen, wie wir uns fühlen. Babys und Kleinkinder können erst ab einer bestimmten Entwicklungsstufe wahrnehmen, dass sich die Gefühlslage einer anderen Personen von der eigenen ganz erheblich unterscheiden kann. Musik hilft ihnen dabei, diese Fähigkeit zu entwickeln: Durch Musiktraining lässt sich ein Zugang zu den eigenen Gefühlen und jenen der anderen öffnen und in der Folge ein positives Sozialverhalten von Babys und Kleinkindern stärken.
Sind Babys – auch wenn sie durchaus Interesse an anderen Kindern zeigen – noch hauptsächlich mit sich selbst und der Wahrnehmung der für sie neuen Umwelt beschäftigt, wird Sozialkompetenz im Kleinkindalter zu einem wichtigen Faktor im Umgang mit den anderen. Kinder, die gelernt haben, eigene und fremde Gefühle wahrzunehmen, interagieren spontaner und empathischer mit anderen und zeigen eine höhere soziale Kompetenz beim gemeinsamen Spiel, beim Lernen oder bei kreativen Tätigkeiten. Musik fürs Kleinkind und Musizieren mit dem Kleinkind unterstützen die Entwicklung dieser Fähigkeiten, indem Rhythmen, Tonfolgen und Sprachmelodien den jeweiligen Emotionen spielerisch zugeordnet werden.
Frühe musikalische Erziehung als Entwicklungsmotor
Musik fördert somit die Entwicklung von Kommunikationsfähigkeit, Sozialverhalten und Kreativität – alles schon ausreichende Gründe, um die musikalische Betätigung im Baby- und Kleinkindalter bewusst zu fördern. Viele Eltern fragen sich aber, ob eine frühe musikalische Erziehung auch dazu beiträgt, bestimmte natürliche Entwicklungsschritte ihres Kindes zu verstärken und zu fördern. Darauf gibt es tatsächlich Hinweise: So scheint zum Beispiel die Fähigkeit zum Spracherwerb bei Babys und Kleinkindern, die an einem regelmäßigen Musiktraining teilnehmen, im Vergleich zu anderen Kindern besser ausgebildet zu sein. Die Kleinen tun sich offenbar leichter damit, Sprachmuster und -laute zu erkennen und ihnen eine Bedeutung zuzuweisen, wenn sie frühzeitig musikalische Erfahrungen machen.
Zwei Forscherinnen der University of Washington haben das näher untersucht: An ihrer Studie nahmen 39 kleine Probandinnen und Probanden im Alter von neun Monaten und deren Eltern teil. Zwanzig der Kinder wurden in eine Gruppe eingeteilt, in der sie während des Spielens Musik im Walzertakt hören konnten, 19 Kinder spielten ohne musikalische Begleitung mit ihren Eltern. Nach insgesamt 12 Sitzungen wurde die Gehirnaktivität der Kinder mittels einer ungefährlichen Technik, der Magnetoenzephalographie (MEG), erfasst, während ihnen unterschiedliche rhythmische Sequenzen vorgespielt wurden. In einige dieser Sequenzen waren Störungen des Taktes oder des Sprachflusses eingebaut. Das Ergebnis war eindeutig: Babys aus der Musikgruppe konnten diese Unterbrechungen besser erkennen und reagierten intensiver darauf als die Kinder aus der Kontrollgruppe. *3)
Musik fördert die Entwicklung und die Intelligenz – stimmt diese Aussage also? Es gibt noch einige weitere Hinweise auf die entwicklungsfördernden Einflüsse von früher musikalischer Betätigung: So soll Musik auch die motorischen Fähigkeiten der Kinder fördern und zu besseren Lernerfolgen führen. Letzteres Phänomen wurde vor allem als sogenannter „Mozart-Effekt” populär.
Hilft Musik, die Intelligenz zu steigern? Betrachtungen rund um den „Mozart-Effekt”
Was genau ist der Mozart-Effekt, und existiert er überhaupt? Diese Frage stellen sich Eltern, die zufällig auf diesen Begriff stoßen, sehr häufig. Das ursprüngliche Konzept basiert auf einer Studie aus dem Jahr 1993, die eine Leistungssteigerung der visuell-räumlichen Verarbeitung nach dem Hören einer Klaviersonate von Mozart nahelegte. In der folgenden journalistischen Aufbereitung des Themas entstand der Begriff „Mozart-Effekt”, der später generell für angebliche oder tatsächliche leistungssteigernde kognitive Effekte durch klassische Musik – nicht nur von Mozart – verwendet wurde.
Wissenschaftliche Belege dafür, dass Musik direkt zu einer anhaltenden Intelligenzsteigerung führen kann, gibt es jedoch nicht. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn gerade in der musikalischen Arbeit mit Kleinkindern und Babys geht es nicht darum, kognitive Höchstleitungen zu erzielen oder gar kleine musikalische Genies hervorzubringen – ganz im Gegenteil. Die Effekte von Musik auf Babys oder Kleinkinder ergeben sich durch Förderung der Fähigkeiten, die ohnehin schon im Kind vorhanden sind – sie unterstützen die natürliche Entwicklung und die Potenziale des Kindes, ohne es zu überfordern oder unter Konkurrenzdruck zu setzen.
Ein aus sozialpsychologischer Sicht erstellter Überblick über die zentralen Studien zu diesem Thema aus dem Jahr 2006 zeigt sehr schön, worum es bei den als Mozart-Effekt bezeichneten positiven Auswirkungen von Musik eigentlich geht: Die Autorin merkt darin an, dass die unterschiedlichen positiven Einflüsse von Musik auf unsere Emotionen unbestritten sind, ein behaupteter Effekt auf unsere Intelligenz aber gewöhnlich Skepsis hervorruft. Wissenschaftliche Untersuchungen dieses Phänomens kämen zu keinem eindeutigen Ergebnis. Sie kommt zu dem Schluss, dass es sinnvoll ist, den Begriff zu erweitern und aktives Musizieren über einen längeren Zeitraum in die Betrachtungen mit einzubeziehen. Hier zeigen sich viel deutlichere positive Effekte, etwa hinsichtlich verbaler und allgemeiner Intelligenz und physischen Wohlbefinden, als in den Vergleichsgruppen ohne musikalische Aktivität.
Musizieren und Singen machen aus Babys und Kleinkindern also keine Mini-Einsteins, aber sie helfen dabei, wichtige Entwicklungsschritte müheloser und mit mehr Freude und Enthusiasmus zu meistern als Altersgenossen, die keine musikalische Unterstützung dabei bekommen. Fazit: Musik fördert die Entwicklung und dient dem physischen und psychischen Wohlbefinden – auch schon bei den Kleinsten. *4)
Tanjas Musikgarten: Musikalische Früherziehung als Online-Angebot für zwei Altersgruppen
In "Tanjas Musikgarten" erhalten Babys und ihre Eltern ein musikalisches Angebot, das nicht nur Spass macht und zum Mitsingen und Mitschwingen einlädt, sondern vor allem die wichtigen entwicklungsförderlichen Aspekte der musikalischen Früherziehung beachtet und integriert. Um teilzunehmen, müssen Sie nicht persönlich vor Ort sein – wir bieten altersgerechte und individuell gestaltete Onlinekurse für zwei Zielgruppen: Babys und Kleinkinder von drei bis sechzehn Monaten sowie von siebzehn Monaten bis dreieinhalb Jahren.
Die Lieder, die wir in den Kursen verwenden, bieten wir auch als mp3-Downloads an – Sie können sie so ganz einfach unterwegs, im Auto oder bei Bedarf auch pädagogisch einsetzen. Neugierig geworden? Hier geht es zu meinen Onlinekursen.
Quellen:
*1) Özdemir F K, Tüfekci F G. The effect of using musical mobiles on reducing pain in infants during vaccination. J Res Med Sci. 2012 Jul; 17(7): 662–667. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3685783/
*2) O'Toole A et al. Does Music Positively Impact Preterm Infant Outcomes? Adv Neonatal Care. 2017 Jun;17(3):192-202. doi: 10.1097/ANC.0000000000000394. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28398914
*3) Zhao C, Khul P K. Musical intervention enhances infants’ neural processing of temporal structure in music and speech. PNAS May 10, 2016 113 (19) 5212-5217; first published April 25, 2016 https://doi.org/10.1073/pnas.1603984113
*4) Jansen-Osman P. Der Mozart-Effekt – eine wissenschaftliche Legende? Oder: Der Einfluss von Musik auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Musik-, Tanz- und Kunsttherapie, 17 (1), 1–10. https://www.psychologie.hhu.de/fileadmin/redaktion/Oeffentliche_Medien/Fakultaeten/Mathematisch-Naturwissenschaftliche_Fakultaet/Psychologie/AAP/Publikationen/2006/Jansen-Osmann__2006_.pdf
https://www.hno-aerzte-im-netz.de/unsere-sinne/hoeren/entwicklung-des-gehoers.html
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